Das ist schon ärgerlich: Da hat man als Lieferant vertragsgetreu geliefert, das Geld
über einen Lastschrifteinzug vereinbarungsgemäß eingezogen und dann das: Der
Kunde meldet Insolvenz an und der (vorläufige) Insolvenzverwalter holt sämtliche
Lastschrifteinzüge der vergangenen Rechnungsperiode zurück – schlimmstenfalls
bis zu 132 Tagen, d.h. 6 Wochen nach Zugang des vierteljährlichen Rechnungsabschlusses
seiner Bank. Darf er das?.
Das darf er, sagt jedenfalls neuerdings
auch der Bankensenat des Bundesgerichtshofs.
Es geht um das Einzugsermächtigungsverfahren
herkömmlicher
Art (Buchungsschlüssel 05 bei der Bank).
Hier ermächtigt der Kunde seinen Lieferanten,
den Rechnungsbetrag von seinem
Konto abbuchen zu lassen. Dies
steht allerdings unter dem Vorbehalt seiner
späteren Genehmigung, so dass Erfüllung
im Valutaverhältnis erst mit der
Genehmigung eintritt (sogenannte „Genehmigungstheorie“).
Die liegt immer
dann vor, wenn der Schuldner eine gewisse
Zeit nicht auf die Belastungsbuchung
reagiert hat, es sei denn, er hätte
zuvor schon aktiv genehmigt oder die
Genehmigung durch Widerruf aktiv verweigert.
Dann schreibt die Bank ihm den
Betrag wieder gut und regressiert sich –
innerhalb von sechs Wochen – bei der
Gläubigerbank („1. Inkassostelle“) oder
nach Ablauf dieser Frist – beim Zahlungsempfänger.
Während der Kunde seiner Bank („Zahlstelle“)
gegenüber einen sachlichen
Grund braucht, um die Lastschrift zu widerrufen,
er anderenfalls sittenwidrig
handelt und sich schadensersatzpflichtig
macht, hat der Insolvenzverwalter die
Interessen sämtlicher Gläubiger wahrzunehmen.
Was also im Verhältnis zwischen
Schuldner und Lieferant sittenwidrig
wäre, kann im Verhältnis zwischen
Schuldner und seinen übrigen
Gläubigern pflichtgemäß sein. Dies hatte
der Insolvenzsenat des Bundesgerichtshofs
in ständiger Rechtsprechung seit
dem Urteil vom 4.11.2004 jedenfalls so
entschieden.
Der Bankensenat hatte sich im Jahr
2008 vehement dagegen ausgesprochen.
Unter anderem vertrat er die Meinung,
dass dem Verwalter im Hinblick auf diese
Genehmigung nicht mehr Rechte zustehen
könnten als dem Schuldner. Der
(vorläufige) Verwalter trete somit quasi
in die „Fußstapfen“ des Schuldners (sogenannte
„Fußstapfentheorie“). Auch er
handle also sittenwidrig, wenn er die
Lastschrift ohne sachlichen Grund widerrufe.
Die Senate beharrten auf ihrer jeweiligen
Meinung. Man ging sich auf dem
Gerichtsflur aus dem Weg und grüßte
sich auch in der Kantine nur notdürftig.
Dann wechselte der Vorsitz im Bankensenat,
man kam ins Gespräch und –
einigte sich. Zur großen Verblüffung aller
Anwesenden verkündete der neue Vorsitzende
nämlich in der mündlichen Verhandlung
am 20.7.2010 (Rechtsstreit Dr.
Kübler als IV ./. Bankhaus Reuschel und
Finanzamt München) zum einen, dass
der Bankensenat seine Haltung nunmehr
aufgeben und sich künftig der Auffassung
des Insolvenzsenats anschließen
werde. Auch nach Ansicht des Bankensenats
darf der (vorläufige) Verwalter
nun also ohne sachliche Begründung
Lastschriften innerhalb der Genehmigungsfrist
widerrufen. Zum anderen sei
es für einen Widerruf aber natürlich zu
spät, wenn der Schuldner selbst die Abbuchung
zuvor bereits genehmigt hatte.
Der Senat hilft den Zahlungsempfängern,
indem er künftig eine konkludente
Genehmigung auch vor Zeitablauf anerkennt,
z.B. wenn folgende Kriterien erfüllt
sind:
– es handelte sich um regelmäßig wiederkehrende
Abbuchungen,
– die zudem noch – unwidersprochen –
avisiert waren und
– die der Schuldner in der Vergangenheit
stets widerspruchslos hingenommen
hatte.
Das war vorliegend wohl der Fall. Es
handelte sich dabei nämlich um die Abbuchung von vorangemeldeten USt.-
Zahllasten sowie von festgesetzten und
regelmäßig wiederkehrenden KSt-Vorauszahlungen,
die der Schuldner in der
Vergangenheit auch stets unwidersprochen
zugelassen hatte. Die beklagte
Bank hatte sich wegen der bereits vorliegenden
Genehmigung also womöglich
zu Recht geweigert, den Widerruf auszuführen,
und der Verwalter wird den
Rechtsstreit wahrscheinlich verlieren.
Es lohnt sich also doch hin und wieder,
Rechtsstreitigkeiten durchzuhalten.
Ein Lieferant, der sein Geld behalten
möchte, verlässt sich aber nicht auf Spekulationen,
sondern nutzt vielmehr seit
dem 1.11.2009 die Möglichkeit, mit seinen
Kunden das sogenannte SEPA-Firmenlastschriftverfahren
zu vereinbaren.
Seit diesem Zeitpunkt stehen nämlich
folgende Zahlungswege wahlweise zur
Verfügung:
- das herkömmliche Einzugsermächtigungsverfahren
(Buchungsschlüssel
05) mit dem viereinhalb Monate
schweren Risiko des Widerrufs durch
den Verwalter,
– das etwas umständlichere aber unwiderrufliche
Abbuchungsauftragsverfahren
(Buchungsschlüssel 04),
– die SEPA-Firmenlastschrift, die nach
§ 675 e Abs. 4 BGB unwiderruflich ist,
und
– die SEPA-Basislastschrift für Nicht-
Kaufleute, die nach § 675 x BGB von
der Belastungsbuchung an 8 Wochen
lang widerruflich ist.
Die SEPA-Firmenlastschrift verbindet
die klassische Einzugsermächtigung mit
einer Vorab-Genehmigung durch den
Zahlungspflichtigen. Diese Vorab-Genehmigung
vermittelt die Bank des Zahlungsempfängers
(„1. Inkassostelle“) auf
elektronischem Wege gleichzeitig mit
der Lastschrift an die Bank des Schuldners
(„Zahlstelle“). Damit ist die Genehmigung
erteilt, und ein Widerruf durch
den späteren Insolvenzverwalter scheidet
aus.
Die Regeln über diese SEPA-Firmenlastschrift
gelten jedoch nur dann, wenn
diese Zahlungsweise mit dem Kunden
auch tatsächlich vereinbart wurde, etwa
durch die AGB bzw. die Zahlungsbedingungen.
Eile ist also geboten.
Im Auftrag des Internationalen Kreditschutzvereins
KSI-Deutschland hat die
Kanzlei eine SEPA-Klausel auf Basis der
Hinweise des Bankensenats im Termin
am 20.7.2010 entwickelt. Mitglieder des
Vereins erhalten den Klauselvorschlag –
wie immer – kostenfrei. Mitglieder des
VfCM erhalten – wie immer – Sonderkonditionen.