Der Pulverdampf an den Finanzmärkten hat sich verzogen. Und auch in der Realwirtschaft
stehen die Ampeln inzwischen wieder auf Grün. Die Risiken für die Unternehmen sind
deswegen jedoch nicht kleiner geworden. Im Gegenteil: Treasurer sehen im Risikomanagement,
nach dem Kerngeschäft Liquiditätssteuerung und Cash Management, zurzeit sogar die größten
Herausforderungen.
In der Praxis klemmt es oftmals bei der Zusammenarbeit zwischen zentralem Risikomanagement und
dem Management von Finanzrisiken. So gaben knapp 60 Prozent der Panelteilnehmer an, dass das
Treasury stärker in das Risikomanagement ihres Unternehmens integriert sein sollte. Auf die Frage
danach, wie das geschehen sollte, votierten 46 Prozent der Befragten für mehr Zusammenarbeit mit anderen
Abteilungen in Sachen Risikomanagement. Fast ein Drittel der Treasurer wünscht sich darüber hinaus mehr Kompetenzen in Einzelbereichen.
Raum für individuelle Entscheidungen im Management von Finanzrisiken wird den wenigsten Treasurern zugestanden. In knapp 85 Unternehmen, die am Panel teilgenommen
haben, gibt es ausgeschriebene Richtlinien für das Risikomanagement, deren Einhaltung überwiegend in vierteljährlichen oder noch längeren Abständen –
und damit sehr selten – kontrolliert wird.
Auch wenn die meisten Treasury-Abteilungen nicht zum Aktionismus neigen, haben viele Unternehmen in den vergangenen zwölf Monaten Änderungen im Management
der Finanzrisiken vorgenommen. 40 Prozent der Treasurer gaben an, ihre Richtlinien an die neuen Rahmenbedingungen angepasst zu haben. Zudem hält fast
jedes zweite Unternehmen aus Risikogesichtspunkten mehr Liquidität vor als noch vor der Finanzkrise. Für die meisten Panelteilnehmer sind Zins- und Währungsrisiken
sowie Forderungen die dominierenden Finanzrisiken.
Der Umfang der Absicherung dieser Risiken ist dabei von Unternehmen zu Unternehmen höchst unterschiedlich. Während einige Treasurer auf ein komplettes Hedging
ihrer Risikopositionen setzen, verzichten andere ganz auf potentielle Absicherungsgeschäfte. Höhere Länderrisiken, insbesondere in den Peripheriestaaten
der Europäischen Union, haben die Sicherungsstrategie von fast jedem fünften Panelteilnehmer in diesem Jahr beeinflusst. Die dabei getroffenen Maßnahmen reichen vom
„konsequenteren Forderungsmanagement“ und der „Vermeidung von Kontrahenten in Ländern mit höheren Ausfallrisiken“ bis hin zum „Ausschluss einzelner Länder“.
In der Praxis haben außerbörslich gehandelte Sicherungsinstrumente, die bilateral zwischen Unternehmen und Bank abgeschlossen werden, die mit Abstand größte Bedeutung.
Knapp 86 Prozent der Befragten gaben an, zum Management von Devisen-, Zins- und Rohstoffrisiken OTC-Derivate einzusetzen. Sehr aufmerksam verfolgen Treasurer
deshalb die augenblickliche Debatte über die Regulierung von OTC-Derivaten. Jeder zweite Panelteilnehmer fürchtet, dass die oft maßgeschneiderten Derivate künftig
teurer werden. Jeder Dritte geht zudem davon aus, dass Banken OTC-Derivate in Zukunft nicht oder nur noch eingeschränkt anbieten werden und damit die Produktvielfalt
leidet.
Während das Risikomanagement die Treasurer zurzeit umtreibt, scheint sich in Sachen Finanzierung die Entspannung fortzusetzen. Auf die Frage nach den zurzeit
größten Herausforderungen wurde dieses Thema von den Panelteilnehmern erst an vierter Stelle genannt. Vor einem halben Jahr stand der Zugang zu Kapital noch auf
Rang zwei der größten Herausforderungen. Diesen Trend stützt auch die Frage nach den Finanzierungsbedingungen in den vergangenen drei Monaten. Immerhin 40 Prozent
der befragten Treasurer – mehr als doppelt so viele wie im Frühjahr 2010 – haben zuletzt bessere Finanzierungsbedingungen registriert. Der Anteil derjenigen, die zuletzt
schlechtere Finanzierungsbedingungen ausgemacht haben, ist auf 6 von zuvor 25 Prozent geschrumpft.