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  Credit Management für das internationale Geschäft
      Anforderungen und Lösungsmöglichkeiten

Die Exportquote der deutschen Wirtschaft 2008 von insgesamt 47,2 Prozent (gemessen am Bruttoinlandsprodukt) veranschaulicht die Relevanz der ausländischen Absatzmärkte, die mittlerweile auch für sehr viele kleine und mittelständische Unternehmen eine nicht unerhebliche Bedeutung besitzen (Institut der deutschen Wirtschaft 2009). Dabei gilt es, auch das Credit Management adäquat zu organisieren und die Rahmenbedingungen der jeweiligen Zielländer bei dem Gestalten und Absichern der Kundenkredite und dem Einräumen von Kreditlinien zu berücksichtigen.


Um dieses Know-how aufzubauen und bereitzustellen, wird im Credit Management für das internationale Geschäft häufig das Personal länderspezifisch eingesetzt. So stehen einzelne Kompetenzträger zur Verfügung. Darüber hinaus müssen auch bei der Systemunterstützung des Credit Managements die länderspezifischen Rahmenbedingungen berücksichtigt werden. Die Besonderheiten setzen an den Teilfunktionen der Financial Supply Chain an. Dabei sind aber auch grundlegende Abweichungen von inländischen Gepflogenheiten, wie andere Rechtsformen der Unternehmen, andere Zahlungsbedingungen oder ein anderes rechtliches Umfeld (z. B. beim Eigentumsvorbehalt, dem Mahnwesen oder Inkasso) zu berücksichtigen. Hinzu kommen abweichende Ausprägungsformen im Kreditprüfungsprozess sowie spezifische Möglichkeiten zur Absicherung der Kundenforderungen. Grundsätzlich sollte man sich dabei der unterschiedlichen Insolvenzquoten in den verschiedenen Ländern bewusst sein. Risiken und Absicherungsinstrumente, die mit der Fakturierung in Fremdwährungen und den Wechselkursen verbunden sind, werden nachfolgend nicht betrachtet.


Rahmenbedingungen des internationalen Geschäfts
Ausgangspunkt der Analyse muss häufig die Rechtsform des ausländischen Interessenten oder Kunden sein. Dabei ist zu prüfen, welche Gesellschaftsform mit welchen Haftungsverhältnissen vorliegt. Insbesondere sollte bekannt sein, ob die jeweilige Unternehmensrechtsform den Personal- oder Kapitalgesellschaften zugeordnet wird. Vergleicht man die Gepflogenheiten bei den eingeräumten Zahlungszielen, die im Durchschnitt im Inland bei 35 Tagen liegen, so finden sich hier bereits für die USA 42 Tage, Frankreich 43 Tage, in Italien 45 Tage. Bei afrikanischen Staaten ist es durchaus üblich, auch 60 Tage als Zahlungsziel zu vergeben. Diese Durchschnittswerte sagen dabei wenig über die konkret vergebenen Zahlungsziele aus. So wird für Italien bei der Atradius-Umfrage berichtet, dass in 72 Prozent der Fälle 60 Tage und mehr als Zahlungsziel eingeräumt werden. Vergleicht man diese Zahlungszielgrößen mit der durchschnittlichen Zahlungsdauer, dann liegt diese in vielen Fällen noch deutlich höher (Atradius 2009). Diese Zahlungsziele machen es z. B. notwendig, bei der Preisstellung der Produkte die deutlich längere Kapitalbindung zu berücksichtigen. Auch die Bonitätsprognose muss mit den verlängerten Zahlungszielen auf einen längeren Zeitraum ausgerichtet sein. Die langen Zahlungsziele bedürfen tendenziell höherer Limite mit dem Bedarf, die entstehenden Forderungen dann abzusichern.


Zur Absicherung von Geschäften werden Akkreditive, teilweise Wechsel und Bankakzepte eingesetzt. Kommt es dazu, dass der Schuldner seine Rechnung nicht begleicht, muss ein grenzüberschreitendes Mahnverfahren angestrebt werden, wenn dazu eine entsprechende Vereinbarung zwischen Deutschland und dem jeweils anderen Land besteht. Scheidet diese Möglichkeit aus, so steht nur der Weg des Klageverfahrens zur Verfügung. Im Dezember 2008 ist per EU-Verordnung das europäische Mahnverfahren eingeführt worden. Dieses ermöglicht es, für nicht beglichene Geldforderungen im EU-Raum über ein Standardformular bei dem zuständigen ausländischen Gericht den Erlass eines Zahlungsbefehls für die Forderung zu beantragen. Bleibt der vom Gericht zugestellte Zahlungstitel innerhalb von 30 Tagen ohne Einspruch, ist der Zahlungsbefehl vollstreckbar, ansonsten muss der mitunter langwierige Klageweg beschritten werden. Aufgrund der damit verbundenen Kosten sollte vorab geprüft werden, ob der Schuldner in der Lage sein wird, seine Zahlungen auch leisten zu können. Ist im Liefervertrag keine Gerichtstandsvereinbarung getroffen, sondern nur der Erfüllungsort geregelt, so läuft man Gefahr, dass dieses dann auch der Gerichtstand bei Streitigkeiten ist.


Kreditprüfungsprozess
Bei Neukunden ist das Einholen von Auskünften häufig der erste Schritt eines Prüfungsprozesses. Bei umfangreichen Geschäftsbeziehungen mit entsprechender Kundenbasis in einzelnen Regionen oder Ländern ist zu prüfen, welche Auskunftei mit welchem Produkt eingesetzt werden soll. Dabei kann es durchaus vorteilhaft sein, regionsspezifische Anbieter zu wählen, die eine besondere Nähe zu den Kunden haben oder die spezifischen Rahmenbedingungen und Informationsquellen des jeweiligen Landes nutzen. Bei einem Ausweiten der Datenlieferanten ist dabei die Qualität der Informationen mit dem zusätzlichen Aufwand zu vergleichen, der dadurch entsteht, dass eine weitere Informationsquelle in den Prüfungsprozess einbezogen wird und die Daten entsprechend zu bewerten sind.

Bei ausländischen Kunden gilt, insbesondere wenn es sich um kleinere Unternehmen handelt, dass die Informationen des Außendienstes zu den Unternehmen von besonderem Interesse bei der Beurteilung sind. Wie bei inländischen Kunden sind hier die intern vorliegenden Informationen besonders wertvoll. Dazu dienen ebenfalls die Zahlungserfahrungen, die aus der laufenden Geschäftsbeziehung mit dem Kunden hervorgehen. Abgesehen von den unterschiedlichen Zieleinräumungen und bekannten durchschnittlichen Überziehungen dieser Zeiten ist das IT-gestützte Monitoring nach den gleichen Prinzipien wie im Inland zu gestalten. Schließlich sind auch bei der Bilanzanalyse, wenn diese für den Kreditprüfungsprozess eingesetzt wird, die jeweils nationalen Gepflogenheiten zu berücksichtigen. Dabei sind die länderspezifischen Positionen und Bewertungswahlrechte von Bedeutung. Das Überführen des Einzelabschlusses in einen standardisierten Strukturjahresabschluss kann hier wichtige Hilfe leisten. Ebenso ist es von Bedeutung, länderspezifische Vergleichsdaten verfügbar zu haben, an denen der Jahresabschluss gemessen werden kann. Einfacher wird dieser Prozess bei großen Kunden, da diese zumeist nach IFRS oder US-GAAP-Standards bilanzieren, die sich jeweils einheitlich beurteilen lassen.


Absicherung der Forderungen
Zum Absichern ausländischer Forderungen setzen viele Unternehmen, die auf diesem Gebiet Kompetenzen zukaufen wollen, Kreditversicherungen ein. In den Versicherungsverträgen ist geregelt, welche Länder oder Regionen in den Vertrag eingeschlossen sind. Solange bei den Versicherungsnehmern die Möglichkeit besteht, ihre Verkaufsvolumina an den vom Kreditversicherer zugesagten Kreditlimiten zu orientieren, kann auf den eigenen Kompetenzaufbau zum Prüfen der ausländischen Kunden weitgehend verzichtet werden. Wird hier aber nur eine Teilabsicherung vorgenommen, dann sind eigene Kompetenzen zur Beurteilung der Unternehmen erforderlich. Diese sind auch dann hilfreich, wenn man berücksichtigt, dass ja auch schon während des Akquisitionsprozesses nur Interessenten mit ausreichender Bonität angesprochen werden sollten. Neben dieser Form der Geschäftsabsicherung sind ebenfalls die Absicherung von Ausfuhrkreditrisiken mit sogenannten Hermes-Bürgschaften möglich, bei denen der Bund eine staatliche Exportkreditversicherung übernimmt, die durch die Euler Hermes Kreditversicherung abgewickelt wird (Hermes-Bürgschaft).

Es handelt sich dabei primär um den Versicherungsschutz für Exportgeschäfte mit Ländern außerhalb der OECD und mit längerfristigen Zahlungszielen. Im Jahr 2005 sind so immerhin 2,5 Prozent des gesamten deutschen Exports abgesichert worden, wobei rund 90 Prozent der Deckungssummen auf Exporte in Entwicklungsländer oder mittel- und osteuropäische Staaten entfielen. Der Kunde trägt dabei im Regelfall einen Selbstbehalt zwischen 10 und 15 Prozent. Abgesichert werden, wie bei klassischen Kreditversicherungen, Forderungsausfälle, außerdem politische Risiken und höhere Gewalt, wie kriegerische Ereignisse, behördliche Maßnahmen oder Beschlagnahmung und Zerstörung. Hermes- Deckungen werden insbesondere da gewährt, wo die Projekte unter strukturund außenpolitischen Erwägungen förderwürdig sind. Eine Ausfuhrgarantie sichert Geschäfte mit Privatfirmen ab, die Bürgschaft solche mit Behörden oder Kapitalgesellschaften. Die Kosten für diese Absicherungsform setzen sich aus Gebühren und Prämien zusammen, wobei die Landeseinstufung eine besondere Bedeutung hat.


Zusammenfassung
Gut strukturierte Kreditprozesse und eine klar strukturierte Kreditpolitik sind auch im Auslandsgeschäft eine wichtige Grundlage zum sachgerechten Steuern der Kundenkreditlinien und Forderungsrisiken. Hier gilt es auch, die „Mindestanforderungen an das Credit Management“ zu erfüllen. Dabei ist es notwendig, die Besonderheiten der jeweiligen Zielländer in die Vertrags- und Prüfungsprozesse einzubauen. Länderspezifisch anpassbare IT-gestützte Lösungen können diese Anforderungen besonders gut unterstützen. Für die internationalen Forderungen ergeben sich vielfältige Möglichkeiten der Absicherung.


Quelle: Verein für Credit Management e.V.


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