Die Entwicklung des Zahlungsverhaltens in Mittel- und Osteuropa
Nach der weltweiten Wirtschaftskrise geht es in Europa konjunkturell zwar langsam
wieder aufwärts, allerdings ist die ökonomische Zäsur insbesondere in Mittelund
Osteuropa immer noch deutlich zu spüren. Nicht zuletzt aufgrund dieser schwachen
konjunkturellen Rahmenbedingungen haben, verglichen mit Deutschland, viele
Unternehmen im mittleren Teil und im Osten Europas mit verspäteten Zahlungseingängen
zu kämpfen. Das ergab eine Umfrage unter 13 mittel- und osteuropäischen
Creditreform Landesgesellschaften.
So variiert das Zahlungsverhalten von Land zu Land erheblich. Neben konjunkturellen
und strukturellen Rahmenbedingungen sind dafür die unterschiedlich eingeräumten Zahlungsziele verantwortlich,
die Lieferanten und Leistungserbringer ihren inländischen Kunden bis zur Begleichung der Rechnung einräumen.
Kommt zum durchschnittlichen Zahlungsziel noch eine Zahlungsverzögerung hinzu, wird schnell eine massive
Überschreitung des Zahlungsziels erreicht. Derzeit müssen rumänische (45 bis 90 Tage, abhängig von der Branche), serbische
(60 bis 120 Tage, abhängig von der Branche) sowie polnische Unternehmen (123 Tage) am längsten auf die Bezahlung
ihrer Produkte und Dienstleistungen bei inländischen Geschäften warten. Besser ergeht es den Unternehmen
in Estland, Bulgarien und Lettland. Hier liegt die durchschnittliche Forderungslaufzeit, die sogenannte Days Sales
Outstanding (DSO), zwischen 26, 37 bzw. 38 Tagen. Mit einem DSO-Wert von bis zu zwei Monaten bewegen sich Schuldner
in Litauen (45 Tage), in Tschechien und der Slowakei (48 Tage) sowie in der Ukraine (55 Tage) im Mittelfeld des von
Creditreform erstellten Zahlungsverzögerungs-Rankings Mittel- und Osteuropas.
Diese Entwicklung ist vor dem Hintergrund steigender Unternehmensinsolvenzzahlen kritisch zu bewerten, bildet
doch gerade das Zahlungsverhalten der Kunden im Mittelstand einen der wichtigsten Einflussfaktoren für die Finanzlage
eines Unternehmens. Eine hohe Zahl nicht oder spät beglichener Rechnungen belastet die krisenbedingt ohnehin
angespannte Liquidität vieler Unternehmen. Ohne Kapitalrücklagen oder Überbrückungskredite steigt insbesondere
unter den finanziell angeschlagenen Firmen die Ausfallgefahr. Aus diesem Grund sind Informationen über das
Zahlungsverhalten der Geschäftspartner wichtige Voraussetzungen für eine erfolgreiche Unternehmensentwicklung.
Die Gründe für das verschlechterte Zahlungsverhalten in den Ländern sind vielfältig. Mehrheitlich werden ein vorübergehender
Liquiditätsengpass des inländischen Schuldners, eine vorsätzliche Zahlungsunwilligkeit oder gar die Insolvenz
des Kunden von den Creditreform Landesgesellschaften als Ursachen für den Zahlungsverzug gesehen.
Als weitere Erklärung für das Überschreiten der gesetzten Zahlungsfristen gaben die Gesellschaften
etwa in Tschechien, Litauen und Lettland Finanzierungsschwierigkeiten der Schuldner an. Die damit verbundene
schwächere Investitions- und Geschäftstätigkeit vermindert Ertragseinnahmen und schränkt die Begleichung
offener Forderungen vieler Unternehmen ein. Aber auch dokumentierte Mängel an gelieferten Produkten sehen die befragten
Verantwortlichen etwa in Estland und Litauen als eine Ursache für offenstehende Rechnungsbeträge. Schließlich
hängt die zunehmende Zahl an Außenständen bei inländischen Lieferanten unmittelbar mit den Auswirkungen der
Finanzkrise zusammen. Viele Unternehmen bekommen ihre Warenlieferungen selbst nicht pünktlich bezahlt und müssen
deshalb einen Kredit beim Lieferanten in Anspruch nehmen und das Zahlungsziel verstreichen lassen.
Um eine Verbesserung des Zahlungsverhaltens herbeizuführen, muss neben der konjunkturellen Erholung auch das Debitorenmanagement
in den Unternehmen erheblich verbessert werden. Neben der Kontrolle von Zahlungszielen gehört dazu auch eine effektive Kreditpolitik für
Kunden, beispielsweise mit Hilfe von Bonitätsprüfungen oder dem Einräumen von Kreditlinien. Außerdem kann
im Rahmen einer Kreditsicherung eine Vorauszahlung oder Bankgarantie nützlich sein. In extrem unsicheren Geschäftstransaktionen
kann das Risiko gar mittels Kreditversicherung oder Forderungsverkauf übertragen werden, um Forderungsausfälle zu vermeiden und die
Finanzlage des Unternehmens zu stabilisieren.