Exporte bieten beachtliche Chancen für das Wachstum und den Umsatz eines
Unternehmens. Gleichzeitig stellen sie die Firmen vor neue Herausforderungen.
Die Redaktion sprach mit den Finanzverantwortlichen von Follmann & Co.,
Dr. Thomas Damerau, Geschäftsführer und Gerd Schwerdt, Abteilungsleiter Finanz-
& Rechnungswesen, FMH Holding GmbH, über die Möglichkeit zur Reduzierung
der Forderungsausfallrisiken im Exportgeschäft.
CM: Welchen Stellenwert nimmt das Risiko- / Credit Management bei Follmann & Co. ein?
Dr. Damerau: „Das Risikomanagement nimmt bei uns traditionell einen sehr
hohen Stellenwert ein. Bereits 1995 wurde ein integriertes System für das
Qualitäts- und das Umweltmanagement installiert, das die betreffenden
ISO Normen erfüllt.“
Schwerdt: „Das Credit Management ist ein Eckpfeiler und zentraler Baustein
unseres Managementsystems. Die Beschreibungen der Prozesse und
Verantwortlichkeiten sind in Verfahrens-und Arbeitsanweisungen hinterlegt.
Das Follmann-Management-System (FMS) regelt beispielsweise eindeutig die Kompetenzen des Vertriebs,
die Limitfestsetzung und Freizeichnung und beschreibt alle Prozesse von der Neukundenanlage über die
Bonitätsprüfung, Risikoklassifizierung, Limitvergabe, Zahlungskonditionen,
Bestandskundenüberwachung bis hin zum Mahnverfahren und Inkasso. Regelmäßig stattfindende interne und
externe Audits sichern die Qualität der Prozesse.“
Dr. Damerau: „Es ist wichtig, dass diese Informationen an zentraler Stelle zusammengefasst
und niedergeschrieben sind. So reduziert sich das Risiko menschlicher Fehlentscheidungen.“
CM: Welche Risikostrategie im Credit Management verfolgt Follmann & Co.?
Dr. Damerau: „Wir gehen nur überschaubare Risiken ein, fast alle Forderungen
werden abgesichert. Wir haben den Vorteil, dass das Industriekundengeschäft
weniger Bonitätsprobleme aufweist als Kleingewerbegeschäfte. Die Anzahl der Forderungsausfälle ist
überschaubar. Im Risikofall sprechen wir aber von beträchtlichen Ausfallsummen. Der Grund: Follmann & Co.
produziert „tailormade“. Das bedeutet, dass die meisten Produkte maßgeschneidert für den Kunden hergestellt
werden. Das gilt beispielsweise für spezielle Produkte zur Tapetenbeschichtung oder Druckfarben für Papierverarbeiter.
Unser spezielles Geschäftsmodell bietet den Vorteil, dass wir Neukunden bereits vor einer Geschäftsanbahnung
kennen und durch Lieferung von Mustermengen, die in der Regel nur ein kleines Forderungsrisiko haben, erste Informationen über
das Zahlungsverhalten des Kunden erhalten.“
Schwerdt: „Um die Ausfallrisiken gegen Null zu reduzieren, holen wir, bevor wir eine Geschäftsbeziehung mit
einem Neukunden eingehen, immer eine Auskunft ein. Die meisten Forderungen werden zugleich mit einer
Warenkreditversicherung abgesichert. Bei jedem Auftragseingang von Bestandskunden prüft der Vertrieb den Limitstatus sowie das Obligo.“
CM: Welche Systeme setzt Follmann & Co. ein?
Schwerdt: „Wir setzen das System SAPFI KKM ein und nutzen die Standardfunktionalitäten. SAP bietet uns permanente
Transparenz und erlaubt die Einzel- und Gesamtrisikobetrachtung“.
Dr. Damerau: „Unsere Vertriebsmitarbeiter können tagesaktuell alle Informationen über ihre Kunden einsehen.
Die Geschäftsleitung erhält per Knopfdruck eine Übersicht über alle wichtigen Parameter: Kunden, offene
Forderungen, Überfälligkeiten, Limitüberschreitungen, versicherte/unversicherte Forderungssummen etc.“
CM: Wer vergibt bei Ihnen die Limits? Der Vertrieb oder das Kreditmanagement?
Schwerdt: „Es gibt eine klare Staffelung der Kompetenz. Erste Stufe: Der Vertrieb ist verantwortlich
für die Ermittlung der benötigten Limits, für die Definition der Zahlungskonditionen und übernimmt
die Mahntelefonate. Der Credit Manager überwacht, dass die Regeln eingehalten werden und bearbeitet die
Inkassofälle. Jeder Verkaufsleiter hat einen Kompetenzrahmen für unbesicherte Limits.
Zweite Stufe: Wenn der Einzelrahmen eines Verkaufsleiters überschritten ist, entscheiden der Verkaufsleiter und das
Credit Management innerhalb eines gemeinsamen Kompetenzrahmens über notwendige Limiterhöhungen.
Dritte Stufe: Limitfreigaben über diesen Rahmen hinaus obliegen der Geschäftsleitung.“
CM: Haben Sie erhöhte Exportrisiken?
Dr. Damerau: „Ja, die haben wir. Uns fehlen in osteuropäischen Ländern sehr oft aussagefähige Bonitätsinformationen.
Wenn der Kunde nicht warenkreditversichert werden kann, müssen wir auf Geschäftsführerebene
in Absprache mit dem Finanz und Vertriebsverantwortlichen eine „Bauchentscheidung“ treffen und ggf.
ein Risiko eingehen. Hierbei können die Forderungshöhen beim Start einer Kundenbeziehung bereits bei 40.000
bis 60.000 Euro liegen, da der Kunde auf Grund teurer Lieferkosten ganze LKW-Ladungen bestellt.“
CM: Vor welchen Herausforderungen im Credit Management stehen Sie heute? Mit welchen Aufgaben sehen
Sie sich in der Zukunft konfrontiert?
Dr. Damerau: „Unsere größte Herausforderung ist die Internationalisierung. Aktuell haben wir eine Exportquote
von 45 Prozent, Tendenz steigend.“
Schwerdt: „Da sich die heutigen Wachstumsmärkte nicht problemlos über eine WKV versichern lassen, müssen
wir selbst tätig werden, um das Ausfallrisiko zu reduzieren. Wir müssen das Problem der Informationsbeschaffung
durch Eigeninitiative und Fleißarbeit lösen, denn nicht für jedes Land kennen wir die Dienstleister, die
uns bonitätsrelevante Informationen liefern können. Zugleich müssen wir bereits vor Vertragsgestaltung eruieren,
welche landestypischen Zahlungserfahrungen und rechtlichen Gegebenheiten zur Forderungsrealisierung
vorliegen. Hier setzen wir gezielt auf die Mithilfe unserer Vertriebsmitarbeiter. Diese sind für das Gesamtthema
Kreditmanagement sensibilisiert. Sie kennen den Markt und sprechen die Sprache unserer Kunden. Durch die
aktive Einbindung generieren wir eine Win-Win-Situation für das ganze Unternehmen. Eine weitere Herausforderung wird
zukünftig sein, die Limitvergabe noch gezielter am Deckungsbeitrag des Kunden auszurichten; das bedeutet
Automatisierung. Und natürlich müssen die bestehenden Regeln und Prozesse immer wieder auf Optimierungspotenzial
hin beleuchtet werden.“