Der gesamte Prozess von der Datengewinnung bis hin zur Datenanalyse
für definierte Aufgabengebiete wie das Finanz- und Rechnungswesen ist
durch Informationsmodelle beschrieben, die sich aus dem Informationsbedarf
der Berichtsadressaten ergeben und innerhalb von SAP BI umgesetzt
werden müssen. Dabei stehen Ihnen für den Aufbau und die Umsetzung
von Informationsmodellen im Kontext von SAP BI grundsätzlich
zwei Wege offen:
Zum einen können die benötigten Informationsmodelle mehr oder weniger
umfangreich kundenseitig im Kunden-Namensraum angelegt und
aufgebaut werden. In diesem Fall spricht man von Customer Content. Zum
anderen kann aber auch der von SAP ausgelieferte BI Business Content
verwendet werden. Von Beratungs- und Entwicklungspartnern von SAP ist außerdem
so genannter Partner Content verfügbar.
Business Content
Es handelt sich dabei um durchgängig vordefinierte, rollenbasierte und
aufgabenorientierte Informationsmodelle, denen die Standardprozesse in
den Quellsystemen zugrunde gelegt sind. Sie stellen für ausgelieferte Rollen
die vollständige Datenlogistik zur Verfügung, die für das Laden des
Datenbestands und das Nutzen der vordefinierten Berichte notwendig
ist. Beispielsweise umfasst die ausgelieferte Rolle Debitorenbuchhalter die
Arbeitsmappen:
Notwendige Bedingung für die Nutzung dieser Arbeitsmappen ist, dass
die vollständige Infrastruktur von der Extraktion aus dem Quellsystem
über das Verbuchen in den Datenzielen bis hin zum Auslesen aus den
InfoProvidern mittels Queries vorhanden ist – und auch diese Infrastruktur
stellt der Business Content zur Verfügung. Alle Objekte aus dem Business Content nutzen den SAP-Namensraum,
d.h., die technischen Namen dieser Objekte beginnen mit der Ziffer 0.
Alle kundeneigenen Objekte werden im Kunden-Namensraum angelegt –
die technischen Namen beginnen mit Buchstaben von A bis Z.
Business Content selektiv aktivieren
SAP empfiehlt allerdings keinesfalls, den gesamten Business Content
unabhängig davon, ob er benötigt wird oder nicht, zu aktivieren. Stattdessen
wird dazu geraten, die ausgelieferten Objekte selektiv und nach
genauer Bedarfsanalyse einzusetzen. Die typische Vorgehensweise für die Nutzung des Business Content
beginnt mit der Definition der Rollen und Aufgaben und einer Informationsbedarfsanalyse
als Grundlage für das benötigte Informationsmodell.
Am Ende dieses Schrittes steht ein so genanntes Content-Modell, in dem
die benötigten Kennzahlen, aber auch die strukturellen Parameter wie
notwendige Aufrissebenen oder Hierarchien beschrieben sind.
Inwieweit die Umsetzung dieses Content-Modells nun als »Customer
Content« oder durch Verwendung des Business Content möglich ist,
ergibt sich durch eine Gap-Analyse: Sie prüfen den vorhandenen Business
Content auf Übereinstimmung mit dem Content-Modell und entscheiden
dann auf Grundlage dieser Untersuchung die Strategie bezüglich der Nutzung
des Business Content.
Nutzung des Contents
Dabei können nach teilweiser oder vollständiger Aktivierung des Content
für eine bestimmte Rolle alternativ folgende Wege beschritten werden:
* Direkte Nutzung der Business-Content-Objekte im SAP-Namensraum
ohne Änderung der technischen Namen
* Kopieren der Business-Content-Objekte und Nutzung der kopierten
Objekte ohne strukturelle Änderungen im Kunden-Namensraum
* Modifizieren und Anpassen der kopierten Objekte an besondere
Bedürfnisse – etwa durch Aufnehmen kundeneigener Merkmale und
Nutzung der kopierten und modifizierten Objekte im Kunden-
Namensraum
* Nutzung der Business-Content-Objekte als Beispiel-Szenarien und
Nachbau in kundeneigenen Kontexten
* Rekombinieren von Business-Content-Objekten im Kunden-Namensraum,
um zusätzliche Informationsmodelle zu generieren
Ohne Anpassungen können normalerweise DataSources oder InfoObjects
aus dem BI Business Content genutzt werden, die Business Content-
InfoProvider müssen dagegen manchmal erweitert werden. Bei den ausgelieferten
Queries und Arbeitsmappen ist die Wahrscheinlichkeit späterer
Anpassungen etwas höher: Sie beruhen auf einer vordefinierten Darreichungsform,
die nicht immer genau den Anforderungen der
Fachabteilung entspricht. In diesen Fällen wird man den ausgelieferten BI
Business Content dann entsprechend modifizieren.
Inwieweit das notwendig ist, ist aber tatsächlich eine Frage der jeweils
zugrunde liegenden betriebswirtschaftlichen Thematik: Erfahrungsgemäß
werden beispielsweise im BI Business Content für Standardanwendungen
wie SAP-Gemeinkostencontrolling (Kostenstellenrechnung, CO-OM)
oder die SAP-Finanzbuchhaltung (FI) recht wenig Anpassungen notwendig.
Daher lassen sich aus der Nutzung des Business Content fast immer
Vorteile für die Modellierung, Implementierung und Administration von
SAP BI erzielen. Abbildung 6.4 zeigt z.B. eine Fälligkeitsanalyse, die mit
dem Business Content ausgeliefert wird.
Martin Strohmeier und Jörg Siebert I Quelle: SAP PRESS Buch mySAP ERP Financials"